wohl oder übel

Eintritt - allgemeines Nicken
Flankiert von dezent musternden Blicken
Jacke weg und Platz genommen
Im Wartemodus angekommen

Reihum auf unbequemen Stühlen
Menschen, die sich unwohl fühlen
Eine sehr illustre Runde
Vereint durch allerlei Befunde

Hinein ins kollektive Schweigen
Durch Räuspern Anwesenheit zeigen
Körperhaltung angespannt
Leere Blicke an die Wand
Dort, trivial und wenig schmuck
Ein schief gerahmter Landschaftsdruck

Dank Früherkennungs-Tipps-Plakat
Bleibt einem Schlimmeres erspart
Gegen den aktuellen Schmerz
Lies Bunte, Gala, Frau mit Herz

Geblätter in Stern und Brigitte
"Der Nächste, bitte!"

Und wird die Krankheit schlimmer,
Dann bis nächste Woche -
Im Wartezimmer!

Hausmitteilung

Von: Geschäftsführung
An:
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter


Von diesem ganzen Kommerz halten wir nicht viel.

Statt Weihnachtsgeld gibt es in diesem Jahr darum
ein
abteilungsübergreifendes Krippenspiel.

weihnachtsmarkt

massen
halten tassen
dampfend.
mampfend.
gedrängt.
mit blinkendem behängt.

die ersten muss man bald stützen;
ihre augen glasige pfützen.

abschied

Das welke Blatt
hatte es satt
am Baum.

Und segelte
hinunter.

Au revoir, mein Gast,
sagte der Ast.

mfg

eine schweigende russin und 2 miefende damen,
ein beissender duft macht sich breit.
das sind im gefährt die rasenden dramen
es lebe die mitfahrgelegenheit.

autopilot

der strumpf, der ohne halter sitzt;
der nippel, der ohne hilfe blitzt;
die hand ganz ohne anstrengung schwitzt;
der flitzer ohne fragen flitzt.

der beobachter sitzt apathisch,
leben geht wohl automatisch.


(Danke an Tanja für die Inspiration!)

kvæði

des oktobers frostiger blick
schaut auf die dächer von reykjavik
der himmel ist neblig verhangen
die elfen tragen rot auf den wangen
und warm-umgarnte hände aus strick
auch mäntel und kleider sind wollen
es folgen ihnen blicke von trollen
und jeder noch so geringe atemhauch
erzeugt in der luft vulkanischen rauch

Olympische Herbstspiele


Regentropfen und Nase laufen als wäre es ein Spiel.
Die einen rennen herab am Fensterglas
die andere macht die Oberlippe nass.
Regentropfen und Nase laufen; sie haben ein Ziel.

ein loch im sommer

wir befinden uns grad im sommerloch
und keiner schreibt ein wort.
tanja ist im gedanken im urlaub noch
und makko macht lieber sport.
diana bereist im bulli die länder
und makko war in schweden
tanjas kroatien-jet-lag hinterliess augenränder
wer möchte da schon hier reden.

strafstoß

einsam steht er im tor
der gegner nur 11 meter davor
schlachtgesänge dringen an sein ohr
vom tosenden gegnerischen chor
dann schnellt der schütze hervor
schießt
-
abgewehrt!

miss verständnis

mitfühlend blicken
zuhören und nicken
alles verzeihen
das kann sie

doch wenn es in ihr schreit
nach liebe, trost oder aufmerksamkeit
bleibt sie seltsam
verschlossen

heimvideo

gebettet auf rosen
will sie nackt für ihn posen
- record & play -

doch dann stören dornen
sie schmerzlich beim pornen
- cut -

vierzeiler, 1.5

im rund umher, da stehen sie
und singen ihre melodie
die angst, die steckt im mieder -
ich komme später wieder

mal-stunde

mal steh ich still auf der stelle
mal renn ich laut durch den wald
mal trifft mich mit wucht eine welle
mal macht sie vorher auch halt

hin und weg

Als Herrmann eines Abends aus seinem Fenster schaute,
Dachte er, dass er seinen Augen kaum traute.
Drüben im Haus Nummer Einhundertzehn
Bekam er etwas wahrlich Appetitliches zu seh'n:
Dort stieg grad die Nachbarin Blum (Marianne)
Vollständig nackt in die dampfende Wanne!
Hell leuchtend ihr Körper im nebligen Raum,
Langsames Sinken in üppigen Schaum.

Herrmann presst die Nase an die Scheibe ran,
Hofft, dass er so mehr sehen kann.
Doch da geht die Tür! Seine Frau kommt schon!
Er schließt hektisch die Gardine, sieht so nicht die Reflexion,
Drüben im Bad, in der Hand von Marianne,
Und dass der Schaum ganz rot wird in der Wanne.

Herrmann sitzt wenig später noch erregt und verwirrt,
Weil ihm im Kopf dieses Bild herumschwirrt,
Mit seiner Frau Elsbeth
beim trauten Abendbrot,

Da ist Marianne
In der Wanne

S
chon tot.

gedanken zwischen bett und haustür

das haar zu lang
der körper zu rund
die haut zu blass
im bauch zuviel hass.

der himmel zu grau
die freie zeit zu kurz
das hemd zu faltig
das leben zu gewaltig.

die augen zu schwer
das meer zu fern
das versteck zu winzig
die liebe zu listig.

Schattenwirtschaft



















Sonnenstrahlen haben im Büro nichts verloren,
verschlechtern nur den Kontrast auf den Monitoren.
Auch der Konzentration sollen sie laut Studie schaden,
verstärken zu 98,5 Prozent den Wunsch nach Sonnenbaden.
Im Sommer brütet man über Exel-Tabellen
deshalb am besten hinter tief herabgelassenen Lamellen.

palaver

privatsphäre kennt er scheinbar nicht,
so laut, wie er ins handy spricht.
über unzählige bahnstationen
lässt er alle ungefragt seinem gespräch beiwohnen.
sein verhalten wird abrupt gewendet,
als er sein telefonat beendet.
ab da tippt er fortwährend sehr unsicher und monoton,
gespielt beschäftigt (planlos!) in sein i-phon.

erst redet er laut
damit alles auf ihn schaut
und dann
würde er am liebsten
verschwinden.

mensch

bäume die zittern
menschen die twittern
tiere die jagen
menschen die fragen
sterne die funkeln
auf menschen im dunkeln
züge die fahren
menschen seit jahren
bomben die fallen
auf menschen mit knallen

menschen und menschen und menschen

Toll Gepatscht














Gierig züngelt er am Eis,
Der kleine Naseweis.

Mund und Hände stark verschmiert,
Glotzt er mich schamlos an.
Als er jedoch sein Eis verliert,
Bin ich mit Grinsen dran.

schatten

einen verzerrten schatten,
wirft die sonne in den raum.
ein haus gebaut aus platten,
ein bitterböser traum.

die anonymität des lebens

verteilt auf tausend etagen.
tausend seelen und tausend fragen.

Un·ge·zie·fer

Im Großen und Ganzen
Sind Milben und Wanzen
Ungefährlich.
Aber mal ehrlich:
Mögen muss man sie nicht.

Schon der Gedanke an Diese,
Erzeugt sogleich fiese
Empfindungen,
In unseren Hirnwindungen,
Man spürt förmlich, wie es krabbelt und sticht.

Deshalb, ihr Parasiten,
Ihr Ameisen und Termiten,
Ihr Zecken, Kakerlaken,
Ihr Schaben und Schnaken,
Ihr Asseln und Läuse,
Auch Spinnen und Mäuse:
Besucht mich, wenn's geht, bitte nicht!

this tells you nothing

die konsequenz der transparenz
ist mit stringenz und vehemenz
heiter immer weiter
zu tragen.
sagen
blagen
von heute.
mensch, leute!

udo

ich erzähl euch heute von einem seltsamen kerl,
er kam nicht aus olpe, soest oder verl.
er wohnte in dortmund, direkt unter mir,
sein name ist udo, kein job aber hartz IV.
ob er arbeiten wollte? das kann wohl schon sein,
hinderlich war nur sein 5-kilo-schein.
sein steckenpferd war die wachsamkeit,
zum beobachten war er immer bereit.
er notierte sich alles und tratschte viel rum,
er sah zwar so aus, doch er war nicht so dumm.
kassengestell, flanellhemd und radlerhose,
so stand er am fenster in lustiger pose.
sah sich alles an und kannte jeden,
er hatte auch immer ein thema zum reden.
so behalte ich ihn in erinnerung,
als echten dortmunder nordstadt jung.

die frivole frau schultz

Oma Schultz, Vorname Hilde
War zeitlebens eine sehr Wilde.
Die Dame hat mit 93 Jahren
Sexuell schon viel erfahren.
Nun, seit Beginn ihrer Demenz
Lebt sie in der Seniorenresidenz.
Dort flirtet sie ganz frei heraus
Mit den betagten Männern in diesem Haus,
Macht charmant die Herren Senioren,
Schwer verliebt bis über beide Ohren.
Doch keiner ist so recht ihr Typ,
Weshalb sie bislang auf Abstand blieb.
Als bald sie die Gelüste plagen,
Beschließt sie, eine Tat zu wagen:
Sie schleicht davon mit dem Rollator
Und kauft für sich einen Vibrator.
Seither wenn sie sich nachts verwöhnt,
Hören alle, wie sie stöhnt.
Das Personal denkt: wehes Klagen!
Und mitleidig hört man es sagen:
"Frau Schultz, die Arme, ach herrje,
Altern tut schon ganz schön weh!"

Frauenbeine

Waldemar, das Wadenhaar,
war eigentlich schon immer da.
Doch weil frau sich heute für ihn geniert,
wird er regelmäßig abrasiert.

Ein Biberleben























Im Gestrüpp sitzt ein ordentliches Kaliber,
ein wahrer Kawenzmann von einem Biber.
Täglich zieht es ihn zur Fichte
wie die Motte hin zum Lichte.
Den Baum benagt er konzentriert und fleißig
von morgens acht bis sechzehndreissig.
Dann kriecht er zurück in sein Gebüsch
und stellt ein Pilschen auf den Tisch.
Der ist natürlich auch aus Fichtenholz
und des Bibers ganzer Stolz.
Hat ihn selbst zurecht genagt,
das erzählt er jedem - auch wenn keiner fragt.
Längst hat er es satt, immer nur am Tisch zu hocken,
würd viel lieber X-Box zocken.
Doch Walter, der Freund, den er einst hatte,
seines Zeichens Wanderratte,
hat im Eifer des Gefechts das Kabel durchgebissen,
da hat ihn der Biber rausgeschmissen.
Seitdem sitzt er bis das Licht erlischt,
einsam an seinem Fichte-Tisch.

Raum-Zeit-Kontinuum

In kreativen Phasen
Scheint die Zeit zu rasen.
Doch mit eintretender Langeweile
Endet ihre Eile.
Keine Hast,
Die Uhr bleibt fast
Stehen.

aschermittwoch

es taut, der winter scheint vertrieben
die narrenkappe ist abgelegt
von karneval ist nicht mehr viel geblieben
die euphorie wie weggefegt
eben noch schunkeln und bützen
heute: kamelle in pfützen

frau holle macht die betten

federleichtes schneegewimmel
tanzt pirouettenhaft vom himmel
in wirbeligen windhauchwogen
kommen sie herabgeflogen
die feinen zuckerwatteflocken
drehen mein haar in kleine locken
schweben auf die wimpern nieder
auf nasenspitze, augenlider
schmilzen im mund wie zuckerwatte
die ich als kind so gerne hatte
leise rieselt weißer flaum
auf straßen, autos, haus und baum
gepuderzuckert still die stadt
die dadurch plötzlich anmut hat

so sieht's aus

er übt täglich fett zu rocken.
doch so wirklich fett rockt er nie.
ständig im büro rumhocken
fettet seinen arsch und plättet sein genie.

alte liebe rostet nicht: first draw ever

beim ersten satz in diesem blog
schaut opa oma untern rock
vorbei die webromantik
ihr höschen der geheimtip!

Der alte Mann und der Hund

Der Hund, er saß am Wegesrand,
Der Alte hielt ihm hin die Hand.
"Na, Du armer kleiner Tropf?"
Er berührt des Hundes Kopf.
Doch plötzlich, ohne Voralarm,
beißt der Hund ihm in den Arm.
Und die Moral von der Geschicht:
Hunde, die beißen, bellen nicht.

eines tages

des überdrusses überdrüssig
war er sich nun endlich schlüssig.

feierlich loggte sich aus.

und nahm die büropalme mit nach haus.

wintersport

mütze tief im verkniffenen gesicht.
glitzernd gefrorener schweiß
färbt seinen schnäuzer weiß.
er rennt auch bei unter null gegen das gewicht.

Alte Gewohnheit

Zwei Damen saßen
Im Café und aßen
Torte.
Ohne viel Worte.
Nur manchmal ein "Ach"
Und am Schluß "Schönen Tach!"

lampenfieber

ich trete auf die bühne raus,
im hals steckt mir ein kloß,
drum lege ich gleich los,
es folgt zum glück: applaus.

anfang

der erste schritt fällt immer schwer,
wußte oma stets zu sagen.
man kann nicht tun als wenn gar nichts wär,
zur not kann man auch oma fragen.